Fortsetzung Arbeitsgericht Braunschweig – fristlose Kündigung eines Mitarbeiters in der Pflege
Darf man einen Mitarbeiter (m-w-d) fristlos kündigen ?
Wann darf man einen Mitarbeiter (m-w-d) fristlos kündigen ?
Ein Anwalt macht Werbung mit der Aussage „Sie werden schneller geschieden, als dass Sie einen Mitarbeiter entlassen dürfen“ – Er hat Recht mit dieser provokanten Aussage !
Gibt gibt es im Arbeitsrecht noch das Recht auf Seiten des Arbeitgebers ? Ich bin mir persönlich diesbezüglich nicht so sicher.
Aktuell wird eine Kündigungsschutzklage gegen mich geführt. Der Grund ist schnell erklärt :
Ein Mitarbeiter unterbietet ständig die vorgegebenen Tour-Zeiten. Kann man zunächst sportlich sehen und glauben, er „fährt halt zu schnell“ oder „er kennt Abkürzungen“. Wenn aber die zeitlichen Unterschreitungen einen Rahmen von einer Stunde erreichen, wird man mißtrauisch. Im üblichen Alltagsstreß läßt man sich aber beruhigen, denn über die Rufbereitschaft kommen keine Beschwerden. Oder kommen möglicherweise keine Beschwerden in der Geschäftsführung an, weil eine sehr nahe Verwandte, ebenfalls im Pflegedienst angestellt, die Rufbereitschaften übernommen hatte? Fragen, auf die man nicht so schnell eine Antwort findet.
Die Lösung war dann schnell gefunden. Ich habe mich seinerzeit entschieden, die Rufbereitschaft persönlich zu übernehmen. Sollte doch kein Problem darstellen, war meine Annahme. Nach nur ein oder zwei Tagen geht dann die Kündigung der Mitarbeiterin ein, die die Rufbereitschaft nahezu dauer-betreut hat. Das hat mich dann doch skeptisch werden lassen. Das Ergebnis dann aber auch :
Es kamen maximal ein oder zwei Anrufe am frühen Abend an. Ganz im Gegenteil zu den Geschichten, die mir immer wieder dargelegt wurden. Da hieß es, in der Rufbereitschaft rufen ständig mehr als 10 und auch 15 Patienten und Mitarbeiter an.
ABER: Nun kamen auch Beschwerden über genau den Mitarbeiter, der den Rundenrekord in den Touren hält. Es wurde berichtet von zu kurzen Besuchen, von Nichterbringung der gebuchten Pflege etc.
Nach rund vier Wochen musste ich dann eine Entscheidung treffen. Sicher denkt man zunächst an eine Abmahnung. Aber die hat ihre Macht und Wirkung auch schon verloren. Selbst nach einre Abmahnung ist eine fristlose Kündigung nahezu unmöglich.
Um mir Klarheit zu verschaffen wurde ein neutraler PKW angemietet und zwei Mitarbeiter:innen sind die gesamte Tour dem besagten Mitarbeiter hinterhergefahren.
Das Ergebnis war erschlagend !
Darüber, dass dieser Mitarbeiter keinerlei Vorschriften der Straßenverordnung einhält, möchte ich mich hier gar nicht auslassen. Obwohl er schon zweimal über längere Zeiträume die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen musste, hat er definitiv nichts dazu gelernt.
Viel schlimmer sind die Versäumnisse in der Pflege. Der Abend endete noch in einem Chaos, denn er hat es geschafft, die nachfahrenden Mitarbeiter abzuhängen, zum Teil indem er eine Einbahnstraße in die falsche Richtung befuhr.
Die vorgegebenen Pflegezeiten wurden deutlich unterschritten.
Der Grund für die fristlose Kündigung war jedoch ein wesentlicher Einsatz :
Der Kunde ist bettlägrig und am Abend wird er gepflegt. D. h. für Laien, wir wechseln die Windel, waschen ihn, ziehen im frische Kleidung an und oft muss das Bett neu bezogen werden. Es werden Getränke ans Bett gestellt, es wird das Licht und der Fernseher eingeschaltet.
Mein Mitarbeiter hat den Haushalt nach genau 4 Minuten verlassen. Da war klar, hier ist etwas deutlich schiefgelaufen.
Die Mitarbeiter:in die die Tour kontrolliert haben, sind dann ca. 45 Minuten später zu diesem Kunden. Er lag in einer vollkommen durchnäßten Bett, die Windel war voll-gekotet, die Kleidung lag in der von Urin durchnäßten Bettwäsche. Es standen keine Getränke am Bett, das Licht war ausgeschaltet, ebenso lief kein Fernseher.
Und genau dieses Mißachten jeglicher Empathie, jeglicher Sorgfalt, jeglicher Rücksichtnahme und dieses für mich menschenverachtende Vorgehen hat dann am Folgetag zur fristlosten Kündigung geführt.
So weit – so gut ! Dachte ich ! Da war ich im Irrtum !
Man hat so wenig Gewissen, dass eine Kündigungsschutzklage eingereicht wird. Diese wird vom Arbeitsgericht Braunschweig auch angenommen und selbstverständlich erhält dieser Mensch auch noch Prozeßkostenhilfe.
Ja, ich hätte mich im Gütetermin freikaufen können. Mit einer Summe zwischen 2.000 Euro und 2.500 Euro wäre dieser Mensch sicherlich zufriedengestellt worden.
Nein, habe ich nicht gemacht.
Ich habe jetzt den doppelten Betrag in meinen Rechtsanwalt investiert und das aus dem einfachen Grund: So ein Verhalten und Vorgehen kann ich nicht gutheißen und nicht auch noch belohnen. Das Risiko ist mir wohl bekannt, denn vor dem Arbeitsgericht bleiben die Anwaltskosten bei den den entsprechenden Parteien, unabhängig davon, wie das Urteil ausfällt.
Also kämpfe ich jetzt nicht nur für mich, sondern für Pflegedienste, aber auch für Arbeitgeber, die sich genötigt fühlen,
eine/n Mitarbeiter/in fristlos zu entlassen.
Ich habe noch gestern mit einer Pflegedienstbetreiberin in Braunschweig gesprochen. Wenn sie eine Pflegekraft entlassen will, wird die Kündigung ausgesprochen, die Schlüssel eingezogen und die Person wird freigestellt – natürlich bei vollen Bezügen.
Ist das die neue Gerechtigkeit ??
Entscheiden Sie selbst und kommen Sie zum Termin vor dem
Arbeitsgericht Braunschweig – 20.03.2024, 10.30 h, Saal D
Cornelia Heyer
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